Der Tiger in meinem Herzen

MacCormick, Patricia, 2015
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Medienart Buch
ISBN 978-3-596-85580-3
Verfasser MacCormick, Patricia Wikipedia
Beteiligte Personen Illinger, Maren Wikipedia
Systematik JE - Erzählungen
Schlagworte Straflager, Kambodscha:Geographie, ab 14, Rote Khmer, Völkermord
Verlag FISCHER KJB
Ort Frankfurt am Main
Jahr 2015
Umfang 255 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Patricia MacCormick. Aus dem Amerikan. von Maren Illinger
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Annotation: Der Roman erzählt die auf der Biographie von Arn Chorn-Pond (Begründer der Organisation "Children of War") beruhende schockierende und zugleich faszinierende Überlebensgeschichte eines kambodschanischen Jungen, der durch die gewaltsamen Machtübernahme der Roten Khmer im Jahr 1975 an die Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit geführt wird.
Rezension: [M]ein Herz ist wie ein Tiger in meiner Brust, kratzt an meinen Rippen, um auszubrechen. Es ist so viel Hass darin, dass es wehtut. Der Roman Tiger in meinem Herzen ist ein weiteres Werk der ausgezeichneten Autorin Patricia McCormick, das ihre Sensibilität für kindliche Erfahrungswelten und Perspektiven beweist. So erzählt dieser Roman die auf der Biographie von Arn Chorn-Pond (Begründer der Organisation Children of War) beruhende Leidens- und Überlebensgeschichte eines Jungen.
Arn wuchs in den 1970er als eines von vielen Kindern einer angesehenen Künstlerfamilie in Kambodscha auf, die durch den frühen Tod des Vaters an Ansehen und Stand verlor, sodass Arn nicht die Schule besuchen konnte. So erlebte er eine einfache aber nicht unglückliche Kindheit, die mit der Machtübernahme der Roten Khmer im Jahr 1975 jäh beendet wurde. Arn wurde so im Alter von zwölf Jahren von seiner Familie getrennt und in ein Arbeitslager verfrachtet.
Die knapp vier Jahre, die er dort überlebt, bilden das Zentrum des Romans und schildern ein grauenvolles Martyrium, an dem Arn erstaunlicherweise wächst, aber auch das Hassen lernt. Er erlebt den Massenmord und Sadismus der Roten Khmer hautnah mit, wird sogar selbst zum Komplizen befohlen, existiert in Gewissens- und Überlebensnöten bei Mangelernährung, Schlafentzug und hartem Arbeitseinsatz. Gerettet wird er von der Musik, als er in eine Orchestergruppe integriert wird, die die Führungsriege unterhalten soll. Durch die Anerkennung, die er als Khim-Spieler erfährt, erhält er Privilegien, die ihm dann und wann Essen und etwas Macht in die Hand spielen, mit der er einige Menschen vor dem Hass der Roten Khmer retten kann.
Wie erträgt man als Leserin diese blutige und grausame Geschichte einer Kindheit? Sicher aufgrund der Sympathie für diesen so menschlichen Helden. Sicher auch durch die short cuts, die zwar chronologisch, aber mit Pausen rhythmisiert, Stationen und dabei Denkbilder seines Martyriums einfangen, die am Ende der kurzen Textpassagen meist durch eine Art Sentenz komprimiert werden. Wie bspw. die über die Kleinen Fische, eine Gruppe von Kindern, die die Roten Khmer als Vorhut und Kanonenfutter strategisch einsetzen und über die Arn als Teil der Gruppe resümiert: Wir sind nur Köder.
Patricia McCormick hat hier eine auch angesichts der aktuellen politischen Krisenherde wichtige und beeindruckende Stimme eingefangen und das sprachlose Grauen vermittelbar gemacht. Der biographische Roman steckt voller Erkenntnisse über Willkürherrschaft und Diktatur, über menschliche Grausamkeit, aber genauso über Menschlichkeit und die Macht des Gewissens. *ag* Daniela A. Frickel

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Quelle: Alliteratus (http://www.alliteratus.com/);
Autor: Elmar Broecker;
Arn Chorn Pond lebt in Kambodscha. Als er elf Jahre alt ist, übernehmen die kommunistischen Roten Khmer die Macht. Eine Schreckenszeit beginnt, in der ein Viertel der Bevölkerung systematisch umgebracht wird. Arn überlebt, indem er sich anpasst und selbst zum Mörder wird. Selbst nach dem Fall des Regimes und seiner Adoption durch einen Amerikaner gelingt die Rückkehr in den Alltag kaum.
Paricia McCormick ist ein stiller und emotional packender Roman nach den privaten Erzählungen Arn Chorn Ponds gelungen, der einen tiefen Einblick in die Geschichte Kambodschas und in die Seelen der Menschen erlaubt. Offen und frei wird erzählt, warum sich der Junge entschloss, Mittäter am Völkermord zu werden. Interessant ist dabei der Einblick in das Denken und Fühlen des Jungen, vor allem in dessen innere Entwicklung. Ebenso interessant ist die Darstellung vor allen für Historiker und Psychologen, weil vielleicht erklärbar wird, wie Menschen zu Tätern, bzw. zu Mördern an Mitmenschen werden.
Andererseits wird auch ein Einblick in die Seele des kambodschanischen Volkes gewährt: seine fortwährende Naivität zu Beginn, weil es auf die immer selben Tricks und Lügen der neuen Herrscher hereinfällt, und später die fehlende Kraft, sich gegen die Tyrannen zu wehren. Dies weckt Einsichten in furchtbare Hintergründe für Völkermorde und Taten grausamer Regime.
Zum Dritten erfährt der Leser aus der Geschichte Kambodschas von Vorgängen und Ereignissen (Todesmärsche, Leichenberge in sengender Hitze, Ermordung von Kindern), die zwar teilweise bekannt, aber nur selten in der Dichte und emotionaler Intensität erzählt werden. Man erlebt und leidet mit dem Jungen mit, so dass man am Ende seine Schwierigkeiten bei seiner Rückkehr in die Zivilisation nachvollziehen kann. Auf diese Weise kann Toleranz für Menschen wie Pond geweckt werden. Andererseits stellt sich die Frage, wie man ihnen und ihren Gräueltaten begegnen kann (selbst denen, die wie Pond, später Hilfsorganisationen gründen; andere werden vor Gericht gestellt und verurteilt). Aber ob das Buch dazu verhelfen kann, zu verhindern, dass sich solches wiederholt, mag bezweifelt werden. Es kann jedoch die Sinne bei der Bewertung geschichtlicher und möglicherweise anstehender Ereignisse schärfen.
Patricia McCormicks Buch gehört zu den beeindruckendsten Büchern dieser Art und sollte von Historikern und Psychologen genauso gelesen werden wie von Jugendlichen und historisch und kulturell Interessierten.

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